2025-06-30

Europa, das Zillertal der Welt?

Donald Trump und die europäische „Führung“ beim Nato-Gipfel, 25.06.2025 © dpa

Wir müssen wieder lernen, als Europa langfristig zu denken. Wenn wir das nicht tun, dann kommen wir ganz schnell in eine Situation, dass wir der Freizeitpark der Chinesen werden. Also das Zillertal der Welt. Dann werden wir alle Trachten anhaben und lustige Lieder singen.

So zitierte die digitale Zeitung „The Pioneer“ den China Kenner Frank Sieren aus einem Interview mit Chelsea Spieker am 24.06.2025.

Déjà vu, das habe ich vor 15 Jahren aus einem anderen Munde doch schon einmal gehört. Eine ähnliche Aussage machte Luiz Inácio Lula da Silva während einer Rede vor dem Europäischen Parlament am 4. Mai 2010 (1): „Für mich sind die Vereinigten Staaten das Einkaufszentrum der Welt, China ist die Fabrik der Welt, Indien ist das Büro der Welt, Lateinamerika ist der Hinterhof der Welt und Europa ist das Museum der Welt.“

Offenbar haben wir es hier mit einem langfristigen Trend des europäischen Niedergangs zu tun. 

Da müsste mal jemand etwas tun“, habe ich oft gehört, wenn es um Missstände in Unternehmen ging. Meistens tat niemand etwas. 

Und auf Bundesebene?

Wir Deutsche haben da einen Jemand gewählt. Er heißt Friedrich Merz. Und tut der etwas? Na, ja, das kommt auch die Sichtweise an. Sein Lebensziel hat er jedenfalls erreicht. Er trifft sich mit den Größen seiner Welt, ist überall dabei und freut sich erkennbar darüber. Gut zu sehen auf einem Foto des letzten NATO-Gipfels am 25.06.2025, auf dem ein serviler, überfreundlicher Mark Rutte einen offenbar gutgelaunten Donald Trump mit einem Scherzchen erheitert. Unser Friederich steht unmittelbar dahinter und freut sich wie ein Schulbub.

Ach, eigentlich muss er doch gar nichts weiter tun – nur eilfertig die mehr oder weniger deutlichen Anweisungen von der anderen Seite des Atlantiks umsetzen und sich ansonsten von der allgemeinen Strömung tragen lassen. Dann kann ihm niemand gefährlich werden und er kann die im anvertrauten vier Jahre genießen. Möglich, dass das lethargische Wahlvolk ihm noch sogar vier weitere Jahre ganz oben gewährt. 

Die Strömung aber, in der wir uns treiben lassen führt nicht zu seinem souveränen und selbstbewussten Europa, das in der Welt respektiert, geachtet und vor allem ernst genommen wird. Sie treibt uns in Aufrüstung, Militarisierung und autoritäre Führung bei bleibender Abhängigkeit vom großen Bruder jenseits des Atlantiks.

Vieles erinnert derzeit an die aufgeheizte Vorkriegsstimmung vor Ausbruch des ersten Weltkriegs. Auch damals fiel ein Politiker, Amtsträger oder Bürger nach dem anderen um und schloss sich der „Bewegung“ an. 

Das hat Eugène Ionesco in seinem Theaterstück "Die Nashörner (Rhinocéros, 1959)" sehr eindrücklich verarbeitet. Es ist ein zentrales Werk des Absurden Theaters und eine kraftvolle Allegorie auf Konformismus, Massenbewegungen und den Verlust individueller Verantwortung.

Darin beginnt in einer französischen Provinzstadt eine seltsame Epidemie: Menschen verwandeln sich nach und nach in Nashörner. Was zunächst als Kuriosität erscheint, entwickelt sich schnell zu einem Massenphänomen. Der Protagonist Behringer (im Original: Bérenger), ein unscheinbarer und lebensmüder Angestellter, bleibt als Einziger von dieser "Rhinoceritis" verschont. Während Freunde, Kollegen und sogar seine Geliebte Daisy sich der Verwandlung hingeben, ringt Behringer mit der Versuchung, sich anzupassen, entscheidet sich jedoch letztlich, Mensch zu bleiben – trotz der Einsamkeit und Verzweiflung, die dies mit sich bringt. 

Gesellschaftliche Einsamkeit und politische Verzweiflung. Was hilft dagegen?

Es hilft bereits, sich mit denjenigen zusammen zu finden, denen ähnlich ergeht, die einen Ausweg suchen. Sollten es irgendwann viele werden, können sie auch etwas bewegen.

Diese Gruppe gibt es. Es sind die „Europäer für den Planeten“.

Und hier kann man Mitglied werden.

  1. Lula da Silva, L. I. (2010, Mai 4). Rede vor dem Europäischen Parlament. Brüssel, Belgien.

No comments:

Post a Comment

The achievements of the Enlightenment

 They are under threat In our party program ① we, “ Europeans for the Planet ” ②, have assigned ourselves main three tasks. The sec...