Der 2. Auftrag ist eine Nebenbedingung, die bei unserm ambitionierten Vorhaben weitgehend erfüllt bleiben muss: „dabei unsere typisch Europäischen liberalen Bürgerfreiheiten zu erhalten."
Was sind diese „typisch Europäischen liberalen Bürgerfreiheiten"?
Weiter unten im Text führen wir aus:
"Unsere in den letzten dreihundert Jahren seit der Bewegung der Aufklärung erreichten Bürgerfreiheiten wollen wir dabei beibehalten – soweit es jedenfalls möglich sein wird. Diese große Errungenschaft Europas ist in weiten Teilen der Welt nicht kulturell verankert. Auch bei uns wird sie immer wieder bedroht und muss dauerhaft verteidigt werden. "
1 Werte der Aufklärung — Was verstehen wir darunter?
Die Werte der Aufklärung prägen unsere moderne (westliche) Kultur tiefgreifend. Viele davon sind tatsächlich heute noch in unserer Rechts- und Werteordnung verankert – etwa im Deutschen Grundgesetz.
Erinnern wir uns: die Aufklärung (17./18. Jahrhundert) war eine geistige Bewegung, die Vernunft, Wissenschaft und kritisches Denken in den Mittelpunkt stellte.
Ihre Kernideen waren:
- Vernunft & Skeptizismus – alles wird rational hinterfragt, nichts wird mehr unhinterfragt akzeptiert ③.
- Individuelle Freiheit & natürliche Rechte – jeder Mensch besitzt grundlegende Rechte, unabhängig von Herkunft oder Rang.
- Religionsfreiheit & Toleranz – Glaubensfreiheit und Trennung von Staat und Kirche ④.
- Fortschritt, Bildung & Wissenschaft – Förderung durch empirische Erkenntnisse und Bildung.
- Verfassungsmäßigkeit & Rechtsstaat – Legitimität des Staates durch Vernunft,
Volkssouveränität, Gewaltenteilung und Rechtsbindung. ⑤
Diese Ideale legten den Grundstein für moderne Demokratien, Menschenrechte und rechtsstaatliche Ordnungen.
Das waren damals revolutionär neue Gedanken, die sich nur gegen heftigen Widerstand konservativer Kreise, nur langsam und zunächst auch nur unvollständig unsere gesellschaftlichen Ordnungen übernommen wurden. So waren etwa Frauen und Sklaven, wie selbstverständlich zunächst von den geforderten Freiheiten ausgenommen.
Dennoch, die Forderungen nach Gleichheit der Rechte, Volkssouveränität ⑥ bewirkten schließlich die Einführung von Verfassungen, Gewaltenteilung, Rechtsstaatlichkeit und einen massiven Ausbau von Bildungseinrichtungen, Bibliotheken, Universitäten ⑦, ⑧.
Diese Entwicklungen markieren den Beginn des modernen Europas, den Übergang von absoluter, traditioneller Herrschaft zu moderner, aufgeklärter Gesellschaftsordnung. Ausgedrückt in zeitlosen Sätzen wie „All human beings are born free and equal in dignity and rights.", „Liberté, Égalité, Fraternité" oder „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt" bilden sie eine einzigartige Grundlage für unsere Zivilgesellschaften.
2 Verankerung im Deutschen Grundgesetz
Viele dieser Ideale sind 1949, im unmittelbaren Nachkriegs-Kontext, ausdrücklich im Deutschen Grundgesetz ⑨ verankert worden:
- Menschenwürde & Menschenrechte: Artikel 1 GG – „Die Würde des Menschen ist unantastbar." Das Fundament liegt eindeutig bei der katholischen und aufklärerischen Betonung der Persönlichkeitsrechte.
- Demokratie, Rechts- und Sozialstaatlichkeit, Gewaltenteilung, Föderalismus: Art. 20 GG – Staatsprinzipien, die unmittelbar auf aufgeklärten Idealen beruhen.
- Grundrechte wie Meinungs-, Religions-, Versammlungs‑ und Berufsfreiheit, Gleichheit vor dem Gesetz (Art. 1–19 GG), sind direkt Ausdruck der liberal‑aufklärerischen Werte.
- Ewigkeitsklausel (Artikel 79 (3) GG) schützt gerade jene fundamentalen Prinzipien – die also dauerhaft Bestand haben sollen.
Das alles erscheint uns so selbstverständlich, dass es eigentlich keiner weiteren Erwähnung bedarf – oder doch?
Es ist auch eine Tatsache, wenn auch nicht von allen akzeptiert, dass wir Menschen nicht isoliert, sondern in Gemeinschaften leben. Damit können die Freiheitsansprüche des Einzelnen nicht absolut sein. Es ist erforderlich die individuelle Freiheit des Individuums gegen das Gemeinwohl abzuwägen.
Und dieses ständige, sorgfältige Abwägen zwischen den Ansprüchen des Individuums und der Gemeinschaft, führt je nach den Anforderungen und Risiken unseres Umfelds zu unterschiedlichen Ergebnissen.
In diesen Tagen und den vor uns liegen Jahren stehen wir als Menschheit vor gewaltigen Herausforderungen, die von uns mehr gemeinschaftliches Handeln erfordern. Die damit möglicherweise einhergehenden Einschränkungen individueller Freiheit wollen wir so klein, wie irgend möglich halten.
3 Warum müssen wir diese Werte verteidigen?
Wäre das nicht bereits Herausforderung genug, so müssen wir spätestens seit der Verkündung des post-faktischen Zeitalters durch weltweite Retro-Bewegungen, erkennen, dass das Irrationale wieder sein hässliches Haupt erhebt und Herrschaft beansprucht. Dazu passt, dass vermehrt die Methoden wissenschaftlichen Arbeitens infrage gestellt ⑩ werden. Das tun interessierte Kreise aus gutem Grund. Denn ohne vernunftbasiertes Argumentieren, werden wir wieder beliebig manipulierbar. Also, ab in ein Mittelalter mit modernen Waffen?
Dem müssen wir nicht tatenlos zusehen. Schließlich haben wir es vor 300 Jahren schon einmal geschafft. Wir müssen die Kräfte der Aufklärung wieder mobilisieren. Nur sollten wir uns erinnern, dass es von vornherein eine politisch-gesellschaftliche Entwicklung war, die erst die Häretiker der Eliten und später breite Volksmassen vorangetrieben haben.
Offenbar brauchen wir davon eine Neuauflage, eine Aufklärung 2.0.
Also machen wir den Anfang.
Geben wir der Vernunft in der Politik wieder eine Chance.
4 Referenzen
① Parteiprogramm der Europäer für den Planeten. (2024, 30. November). https://eufp.de/2024/11/30/elementor-2626/
- Das Parteiprogramm der „Europäer für den Planeten" als Beitrag auf der EuFP-Webseite..
② Europäer für den Planeten. (o. J.). Startseite. https://eufp.de/
- Die Startseite der EuFP (Europeans for the Planet) bietet einen Überblick über Themen, Ressourcen und das Profil der Partei.
③ Wikipedia. (o. J.). Age of Enlightenment. In Wikipedia. Abgerufen am Datum des Zugriffs, von https://en.wikipedia.org/wiki/Age_of_Enlightenment
- Dieser Wikipedia‑Artikel bietet eine Übersicht zur Epoche der Aufklärung und ihren zentralen Begriffen. Für wissenschaftliche Arbeiten sollte er kritisch geprüft und ggf. durch Primärliteratur ergänzt werden.
④ Wikipedia. (o. J.). Leitkultur. In Wikipedia. Abgerufen am Datum des Zugriffs, von https://en.wikipedia.org/wiki/Leitkultur
- Der Artikel erläutert das Konzept der „Leitkultur", seine Herkunft, Debatten und Kritik. Er ist hilfreich, um erste Orientierungen und Kontroversen zu verstehen.
⑤ Daston, L. (o. J.). Enlightenment. In E. N. Zalta (Hrsg.), The Stanford Encyclopedia of Philosophy. Abgerufen am Datum des Zugriffs, von https://plato.stanford.edu/entries/enlightenment/
- Ein fundierter philosophischer Überblick über das Phänomen der Aufklärung aus der Perspektive der Philosophiegeschichte, mit ausführlichen Querverweisen und weiterführender Literatur.
⑥ Wikipedia. (o. J.). Prussian virtues. In Wikipedia. Abgerufen am Datum des Zugriffs, von https://en.wikipedia.org/wiki/Prussian_virtues
- Der Artikel beschreibt die sogenannten „preußischen Tugenden" – Disziplin, Sparsamkeit u. a. – und deren historische und ideologische Verwendung.
⑦ Encyclopædia Britannica, Inc. (o. J.). Enlightenment (European history). In Britannica. Abgerufen am Datum des Zugriffs, von https://www.britannica.com/event/Enlightenment-European-history
- Ein hochwertiger, redaktionell geprüfter Artikel zur europäischen Aufklärung mit historischer Einbettung und Kontextualisierung – oft zuverlässiger als Wikipedia für akademische Zwecke.
⑧ Council on Foreign Relations. (o. J.). education.cfr.org. Abgerufen am Datum des Zugriffs, von https://education.cfr.org/
- Diese Plattform des CFR bietet Bildungsressourcen, Veranstaltungen und Analysen zu globalen Themen. Besonders relevant sind Beiträge zum Verhältnis von Wissenschaft, Politik und Gesellschaft.
⑨ Wikipedia. (o. J.). Basic Law for the Federal Republic of Germany. In Wikipedia. Abgerufen am Datum des Zugriffs, von https://en.wikipedia.org/wiki/Basic_Law_for_the_Federal_Republic_of_Germany
- Der Artikel stellt die Struktur, Geschichte und zentrale Inhalte des deutschen Grundgesetzes dar – hilfreich als Einstieg.
⑩ Meier, O. (2021, 19. Dezember). Freiheit der Wissenschaft: „Wenn wir nichts ändern, hat …". Die Zeit. https://www.zeit.de/wissen/2021-12/freiheit-wissenschaft-bedroht-corona-klima-medien
- Ein journalistischer Beitrag, der die Bedeutung der Wissenschaftsfreiheit in Zeiten von Pandemie, Klimakrise und Mediendiskurs beleuchtet. Wichtig für die Diskussion von Wissenschaft und Freiheit in der Gegenwart.
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